Drei Hubwagen und ein Blatt Papier
Die Edition Block 1966 – 2022
Kooperation der drei niederrheinischen Kunstmuseen Museum Schloss Moyland, Museum
Kurhaus Kleve und Museum Goch
Mozart, Schokoladenbilder und Flaschenpost
Klaus Peter Busse
Ein Ausflug in die niederrheinische Landschaft lohnt sich immer. Nach Schloss Moyland fährt man mit dem Auto aus dem Ruhrgebiet eine Stunde, am besten über Landstraßen mit dem Fahrrad dabei. Im Schloss befindet sich das Joseph Beuys Archiv. Immer gibt es Ausstellungen über ihn, sein Werk und seine Wirkungsgeschichte. Aber es gibt noch mehr, was den Besuch lohnt: den Schlosspark mit vielen Skulpturen, die Parkanlage selbst, den Kräutergarten und das jeweils aktuelle Begleitprogramm, wenn beispielsweise der NABU zeigt, wie man Hochbeete einrichtet.
Das Museum selbst zeigt aktuell eine Ausstellung über den Kunstsammler, Galeristen und Kurator René Block, der seit den frühen 1960er-Jahren die jeweils aktuelle Kunst gesammelt, vermittelt und vertrieben hat. René Block gehört zu den wichtigen Personen des Kunstbetriebs, die sich für neue Kunstformen und ihre kulturellen Stellenwerte eingesetzt haben. Vor allem hat er zusammen mit Künstlerinnen und Künstlern die Idee der Demokratisierung der Kunst vorangetrieben. Um ihr ein Wirkungsfeld zu ermöglichen, sollten Werke geschaffen und vertrieben werden, die für alle Menschen erschwinglich waren. So entstand die Idee, Editionen und Multiples zu entwerfen: Kunstwerke also, die als Originale in einer festgelegten Auflagenhöhe erscheinen und keine großen Investionen erforderten.
Viele Künstler und Künstlerinnen beteiligten sich Jahrzehnte lang an diesem Projekt: Joseph Beuys, Nam June Paik, Sigmar Polke, John Cage, Gerhard Richter und viele andere, zumeist aus dem Zusammenhang der damals aktuellen Fluxus-Szene.
Editionen und Multiples: Schon Marcel Duchamp war auf die Idee gekommen, seine Boite-en-Valise in mehreren Versionen herzustellen. Schachteln, Schränke, Drucke, kleine Objekte: Die Ausstellung zeigt das ganze Panorama an Möglichkeiten, wie man Kunstwerke in Auflagen herstellen kann. Man entdeckt sogar einen Aktenschrank, in dem jeder Künstler eine Schublade bekommen hatte, die er selbst gestalten konnte: ein kleines Kunstarchiv für Zuhause.
Dabei war man darauf angewiesen, die neuen technischen Möglichkeiten der Reproduktion zu erproben. In den 1960er und 1970er Jahren gab es noch keine digitalen Techniken, die Kopierer waren schlecht, und man ist überrascht, was sich René Block einfallen ließ, um seine Editionen herstellen zu lassen. So ist die Ausstellung nicht nur eine Präsentation von Kunstwerken, sondern auch über die Mediengeschichte der Reproduktion.
Damals verschwanden die Grenzen zwischen Kunst, Literatur und Musik wie ihren technischen Trägern. „Intermedia“ nannte man das oder „Fluxus“. Alles war in Bewegung, selbst das Bild. So sieht man einen Offsetdruck von 1968, auf dem Gerhard Richter und Sigmar Polke das Bild einer alpinen Landschaft mit fotografisch-analogen Mitteln in fünf Schritten in ein anderes Bild umwandeln. Dies ist eine Arbeit Richters, bevor er berühmt (und teuer) wurde, die aber seine „Wurzel“ zeigt.
Bis heute hat er an Reproduktionen von Fotografien gearbeitet. Oder der „Mozart Mix“ von John Cage (1991). In einer Holzbox liegen fünf Kassettenrekorder und Musikkassetten mit unterschiedlichen Kompositionen von Mozart, die gleichzeitig abgespielt werden sollen. Auch Materialien und Medien, die bis in die 1960er Jahre für die Kunstherstellung ungewöhnlich waren, werden neu erkundet: Dieter Roth arbeitet mit Schokolade, und Marcel Broodthaers entwickelt eine Flaschenpost.
Jedes Kunstwerk ist anders und hat besondere Hintergründe, über die der hervorragende Katalog informiert. Manches ist voller Humor, anderes erscheint heute hermetisch. Vielleicht sollte man sogar mit Kindern nach Moyland fahren und sie fragen, was sie dort sehen. Ihr Blick auf die Dinge ist noch nicht von Erwartungen und Urteilen geprägt, die uns häufig genug den Zugang zur Kunst erschweren, wenn sie verschlossen wirkt.