Color Everywhere - Farbe neu erleben
Lothar Adam
Es gibt Museen, deren Räume allein durch ihre Architektur einen ästhetischen Genuss ermöglichen. Solch ein Museum ist das Bottroper Quadrat – genauer: sein neuer Anbau, der sich mittels großer Fenster immer wieder zum umliegenden Park öffnet. Das einfließende Tageslicht – verstärkt durch die Dachfenster – erzeugt selbst bei bedecktem Himmel eine freundliche Helligkeit in den weißgestrichenen Räumen.

Während im Haupthaus die Kunst von Josef Albers (1888- 1976) gefeiert wird, kann dieser Neubau für Wechselausstellungen genutzt werden. Im Zentrum von Albers Werk steht die systematische Untersuchung von Farbwirkungen. In der neuen Ausstellung, von Julius Osman kuratiert, werden 4 Künster*innen – Polly Apfelbaum (*1955), Karla Black (*1972), Carlos Cruz-Diez (1923–2019) und Christof John (*1984) – präsentiert, deren „Farbuntersuchungen“ die Zweidimensionaltät der Tafelmalerei verlassen, den Ausstellungsraum in unterschiedlicher Weise in ihre Werke miteinbeziehen und für die Besuchenden eine aktive Rolle bei der Begegnung mit den Kunstwerken vorsehen. Je zwei Räume sind von den Künstler*innen selbst gestaltet worden.
Wichtige Informationen über die Künstler*innen und die ausgestellten Werke sind den zum Mitnehmen angebotenen Farbkarten in den jeweiligen Räumen zu entnehmen.
Bei der Begegnung mit diesen Kunstwerken müssen die Betrachtenden keine ikonografischen Entschlüsselungen vornehmen, sondern sie sollten mit etwas Zeit und Achtsamkeit durch die Räume gehen, um das Besondere der jeweiligen Werke zu erspüren. Spaß hat es meiner Frau und mir gemacht, zu zweit die Ausstellung zu besichtigen und zu testen, ob die eigene Wahrnehmung mit der des Anderen kompatibel ist.
Wir möchten Ihnen im Folgendem ein paar „private“ Beobachtungen und Assoziationen zu den einzelnen Werken anbieten, auf die Sie – wenn überhaupt – vielleicht erst zugreifen sollten, nachdem Sie Ihre eigenen Betrachtungen angestellt haben. Noch ein Hinweis: Wir haben nicht allen Werken der Ausstellung die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt, was sich in der unterschiedlichen Ausführlichkeit der folgenden Kommentare widerspiegelt.
Zu der neuen Ausstellung im Neubau gelangen Sie nach dem Gang durch die ständige Ausstellung. Schon vom Eingangsflur her kann man in den ersten Raum blicken und sich reinziehen lassen in eine überraschende, spannende, abwechslungsreiche räumliche Welt von Farben, Formen und Materialien:
1. Raum
Christof John

Ganz viel los
Bewegung · spielende Tiere · aufgebrochene geometrische Linien · verschieden getaktete, fröhliche Farben ·Veränderungen der Wahrnehmung beim Näher-Herantreten …
2. Raum (im Uhrzeigersinn)
Carlos Cruz-Diez

Farbmischungen
Blau und Gelb ergibt Grün, Gelb und Rot ergibt Orange · möglich ist ein Gehen wie durch Türen · neue Farbräume erzeugen verschiedene Stimmungen · überraschende Kombinationen und Durchblicke entstehen · man sieht sich selber immer wieder im Spiegel – stört das? · das Weiß des Bodens wird durch die Farbe der Wände verändert · es reizt, die Wände zu verstellen, mit ihnen zu spielen · am schönsten ist das Blau · wäre es nicht noch beeindruckender, die Wände wären so groß, dass man kein Umfeld sieht, sondern ganz von einer Farbe umfangen wäre?
3. Raum
Carlos Cruz-Diez


Bewegung gefordert
Dreidimensionalität entsteht · ständig wechseln die flirrenden Eindrücke · sind Landschaften erkennbar? · wie sind die Objekte aufgebaut? · reizvolle Blicke von der Seite verraten die Konstruktion · die Objekte verlangen die Bewegung der Betrachtenden, die Bewegung fordert Zeit, Zeit wird zum konstitutiven Element dieser kinetischen Kunst
4. + 5. Raum
Karla Black


Grüner Sandkasten
das grüne Osterei lädt zum Umschreiten ein · verschiedene Grüntöne auf dem Boden verraten nicht das Trägermaterial · es entsteht der Reiz des Anfassen-Wollens, Mit-Gestaltens
Wolkenbilder
die blassen Rosa- und Blautöne durchdringen die Plastik-Folien, die wie an Wäscheleinen aufgehängt sind · die Farben intensivieren sich an den Endpunkten · kleine Bewegungen entstehen durch Luftveränderungen · ist der Raum zu klein? Könnte nicht eine Aufhängung in einem größeren, v.a. höheren Raum in luftiger Höhe die Wirkung steigern – oder wäre das zu banal?
6. + 7. Raum
Polly Apfelbaum


Fröhliche Kinderzimmer
witzige, fröhliche Wandobjekte in Kugelform kommen auf einen zu · das Auge versucht Wiederholungsstrukturen in dem bunten Chaos der den Boden bedeckenden Farbfelder zu entdecken – erfolglos · die Farben der Stofffelder hellen die Stimmung auf – erfolgreich
8. Raum
Christof John


Die Elefantentrennwand
Die Rückseite des Paravents offenbart sein Geheimnis: ein Kaleidoskop von farbigen Linien, Punkten, Streifen, Flächen · die unterschiedlichen Linienstrukturen fordern zu genauen Betrachtungen auf · kleine Fehler betonen das Handwerkliche, Selbstgemachte · welch ein Kontrast: die Feinheit der parallelen Linien und das erahnbare Geräusch einer Stichsäge, die Öffnungen in die bemalten Holztafel sägt: Bohrlöcher, Fenster, organische Formen.
Ausblick: Frau Walther, die Direktorin des Museums, hat beim letzten Pressegespräch verraten, dass das Museums-Team schon die Jubiläumsfeiern zum 50jährigen Bestehen des Museums im nächsten Jahr vorbereitet.
Versäumen Sie nicht, nach dem Besuch des Museums den umliegenden Skulpturenpark zu besuchen!

Meine Güte, ist diese Ausstellung toll. Richtig einladend. Danke für den Tipp.
Liebe Grüße
Doris
Sehr schön!
Ein guter Grund wieder hinzugehen.
Danke Lothar!