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Das Museum Quadrat zeigt in Bottrop Werke aus der Sammlung: und mehr

Bilder und Skulpturen von Carlos Cruz-Diez, Ulrich Erben, Pia Fries, Sabine Funke, Raimund Girke, Walter Leblanc, Aurélie Nemours, Tobias Pils, Ricardo Saro, Jesús Rafael Soto, Klaus Staudt, Hans Steinbrenner

Klaus Peter Busse

Noch verwirrt von den Fernsehberichten der Gemengelage auf der aktuellen Biennale in Venedig trifft der Blick auf die neue Präsentation der Sammlung im Museum Quadrat, die in den Räumen des Anbaus mit seinen Ausblicken auf die Parkanlage eingerichtet wurde. Dass ein Museum seine Sammlung immer wieder ordnet und solche neuen Einblicke zeigt, gehört zu seinen institutionellen Aufgaben.

Aber in Bottrop geht man einen Schritt weiter. Der Kurator holt nicht nur Werke aus dem Archiv, die dort schon lagern, sondern er bittet die beteiligten Künstlerinnen und Künstler, an dieser Ausstellung mitzuarbeiten und sie durch Werke als Leihgaben zu ergänzen. So sieht man in Bottrop nicht nur Bilder und Skulpturen, die schon einmal gezeigt wurden, sondern auch den aktuellen Status ihrer Arbeit: eine wunderbare Idee.

Die Werkkonvolute werden den einzelnen Räumen des Gebäudes zugeordnet. Es entstand eine Ausstellung, die sich durch Ruhe und bedachte Hängung auszeichnet. Sie ermuntert die Besucherinnen und Besucher, sich ganz auf die Werke einzulassen, man möchte fast sagen, sich in ihnen zu verlieren, nach Anknüpfungen zu suchen und dabei Entspannung zu finden. In der Ausstellung muss man sich nicht aufregen, und man wird auch nicht (wie in Venedig) erschüttert von dem Zustand der Welt, wie ihn dort Künstlerinnen und Künstler deuten. Bottrop zeigt die ruhige Enklave der Kunst, ihr Refugium im musealen Raum jenseits von Event, Spektakel und Intermedialität.

Besonders gilt das für den Raum von Ulrich Erben, der sein Atelier in Düsseldorf hat und seine Werke schon 2019 in Bottrop zeigte. Damals konnte man sich mit seinen feinsinnig und penibel gemalten Abstraktionen auseinandersetzen, bei denen der Pinselstrich verschwunden war und in denen nur noch das Licht vibrierte (ähnlich den Gemälden, die Ulrich Erben zur Zeit bei Sies + Höke in Düsseldorf zeigt). Jetzt präsentiert er aktuelle Arbeiten auf querformatigen Papieren (und Leinwänden), auf denen er mit Bildräumen spielt, die sich durch Übermalungen und malerische Verschiebungen horizontaler Linien ergeben. Transparenzen dieser Malschichten erzeugt Ulrich Erben durch den Farbauftrag mit einem breiten Pinsel oder einem anderen Gerät.

Man sieht im Grunde den Maler inmitten seiner Arbeit, und man denkt sofort an Landschaftsbilder, an die er vielleicht gedacht hat. Vergleichbare Arbeiten in Erbens frühem Werk bestätigen das, als er sich mit der niederrheinischen Landschaft beschäftigte. Auch scheint es ihm wichtig zu sein, seine Bilder in diesem Raum mit einem großen Fenster zu zeigen, das einen Ausblick auf den Bottroper Park mit seinen Wegen, Hecken, Wiesen und Bäumen gewährt und das selbst wie ein Bild inmitten der Malerei wirkt. Ulrich Erben hat sich vor vielen Jahren mit malerischen Abstraktionen solcher Landschaften auseinandergesetzt, und hier – in seinem Spätwerk – setzt sich dieser Blick auf die Natur mit den Mitteln einer autonomen Malerei fort.

Übermalungen, Abstraktionen und Arbeit am künstlerischen Material kennzeichnen auch die Werke in den anderen Räumen, vor allem die Arbeiten Raimund Girkes. Die Räume ergänzen die Ausstellung der Malerei von Josef Albers, dem das alles bestimmt gut gefallen hätte.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 1.9.2024!

Versäumen Sie nicht, im Eingangsbereich (direkt neben der Kassentheke) die aktuelle Installatition von Catherina Cramer zu besichtigen!

Catherina Cramer "The Long Goodbye"

Lothar Adam

Hoppla! Ich muss schmunzeln! Geblendet vom grellen Licht eines Scheinwerfers bin ich über einen riesigen Stoffbären gestolpert. Auf der zentralen Leinwand vor mir hatte mich das Selbstgespräch einer jungen Frau, deren leidendes Gesicht in Großaufnahme gezeigt wird, abgelenkt.

Wo bin ich da reingeraten? Offensichtlich ins Zentrum einer Rauminstallationen, die Elemente andere Räume aufgreift: aus dem Kino, dem Aufnahmestudio, der Kindertagesstätte.
Ich traue aber nicht, mich auf den wahrscheinlich als Sitzgelegenheit gedachten Bären („oder ist das Kunst?“) zu setzen.

Chatherina Cramer bei der Pressepräsentation

Die Arbeit von Catherina Cramer (*1988)ist voll von Zitaten und Anspielungen – die man aber nicht alle kennen muss, um das Anliegen der Künstlerin zu verstehen.
Das Josef Albers Museum zeigt die erste große institutionelle Einzelausstellung mit ihren Werken. Sie ist Preisträgerin des renommierten Förderpreises Kataloge für junge Künstler*innen der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung.

Der Titel der Ausstellung „The Long Goody“ bezieht sich auf den gleichnamigen Kriminalfilm aus den 70ern Jahren von Robert Altman. In ihm geht es um einen Detektiv (Marlowe), der so gar nicht zum strahlenden Helden vergangener Detektivfilme taugt. Aber immerhin überlebt er erstaunlicherweise im Kampf gegen das Böse; und am Ende des Films, nachdem er seinen besten ihn betrügenden Freund erschossen hat, geht er gut gelaunt seines Weges.

Und um was geht es in dem halbstündigen Film INSICKURE von Catherina Cramer? Es geht um den Kampf einer Frau mit der Schulmedizin. Sie leidet an einer noch weitgehend unerforschten Krankheit und will sich mit den beschwichtigenden Abwiegelungen eines jungen Schulmediziners in einer aus der Zeit gefallenen Klinik nicht zufrieden geben. Anspielungen auf Long-Covid-Symptome ergeben sich, sind von der Künstlerin gewollt und durch eigene Erfahrungen motiviert.
Der Film selbst wirkt betont konstruiert, voller Anspielungen, gebrochen, satirisch verfremdend, verstörend durch selbstgemachte TikTok-Videos, Versatzstücke aus Musikclips, und einer Handlung mit dramatischen Dialogführungen, die grob einer Aufklärungslogik folgt, sowie einer sehr subjektiven Kameraführung. Absolut sehenswert!
Übrigens: Der Bär am Boden könnte eine Anspielung auf die braune Katze sein, mit deren exzentrischem Essverhalten sich der Held im Altmann-Film in der Eingangszene auseinandersetzen muss.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 30.6.2024!

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Bernadette Frequin

    Danke für die informativen Kommentare.
    Es ist ein Grund wieder ins Quadrat zu gehen.

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